Über den Dächern von Kashan

Unser erster Stopp im Iran: Kashan – eine eher kleine Stadt mit circa 300.000 Einwohnern, für den Anfang vielleicht genau das richtige für uns! Aus Teheran sind wir sofort nach unserer nächtlichen Ankunft dort geflüchtet; es war laut, hektisch, heiß und das Atmen war vor lauter Motorenqualm kaum möglich.

Kashan ist für seinen Basar, die traditionellen Häuser sowie für die uralten Stadtmauern bekannt. Den Basar besichtigten wir zuerst – ein wahrer Irrgarten! Kilometerlange Gänge, Innenhöfe, Karawansereien, Moscheen und unendlich viele Seitengassen. Jedes Gewerbe hat seinen eigenen Bereich… – und das alles: unter einem Dach!

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Wir wussten bereits, dass man vom Basar aus über Treppen die Dächer erklimmen kann und dass man mit einem fantastischen Blick auf Kashan belohnt werden soll. Nur wie, wo und wann…? Als wir durch den Basar schlenderten, sprach uns schließlich ein Bauarbeiter an und signalisierte mit Hand und Fuß: „Bitte folgen!“. Er führte uns zu einer kleinen Steige und war unser Wunsch erfüllt: wir standen auf den kugelförmigen, aus Lehm geformten Dächern des Basars!

Dort angekommen bekamen wir die volle Kraft der Wüstensonne zu spüren – ich war an noch keinem anderen Ort, an dem es so heiß war! Es war kaum auszuhalten – die Kombination aus Hitze, direkter Sonneneinstrahlung und dem hellen Lehmboden der Dächer machte es beinahe unerträglich zu verweilen. Wir staunten nicht schlecht, als wir eine ganze Hand voll afghanischer Gastarbeiter auf den Dächern trafen, die in der Hitze die Dächer flickten und Ziegel schleppten. Wir wurden von ihnen zu den schönsten Ecken geführt, waren aber heilfroh, als wir wieder in den schattigen Basar absteigen konnten… Dort ging es weiter in den nächsten Abschnitt des Basars: die Fleischabteilung. Während Nadine den Geruch nicht so sehr wahrzunehmen schien, konnte ich kaum atmen! Bei der Wärme und den hiesigen Lagermöglichkeiten vielleicht kein Wunder… Abends gab es für mich trotz alledem Pizza mit gekochtem Huhn. Erstaunlicherweise war die Pizzeria – trotz Ramadan – recht gut besucht! DSCN6813 DSCN6882 Am nächsten Tag haben wir uns die traditionellen Häuser angeschaut und vergeblich nach der Stadtmauer gesucht. Abends ging es dann mit Ibrahim, den wir zufällig vor einer Moschee getroffen haben, zur Stadtmauer und weiter in Ecken, von denen im Reiseführer keine Rede ist. Die Stadtmauer wurde seiner Zeit aus Lehm errichtet und diente zur Abwehr von Feinden, Wind und Wetter. Vor allem das Wetter hat die Mauern über die Jahrhunderte deutlich schrumpfen lassen, sie sind aber noch immer imposant. Von den Hütten im Zentrum ist nichts mehr zu sehen; heute wird die Fläche ausschließlich für den Anbau von Gemüse genutzt. DSCN6889

Ibrahim zeigt uns all die Stellen, die nicht im Reiseführer stehen und so trafen wir lange Zeit niemanden und fragten uns bald, ob wir hätten einfach so mit ihm mitgehen sollen? Wir waren so ins Gespräch vertieft, dass wir nicht merkten, wie es immer einsamer um uns wurde. Ibrahim erzählte von seinen Träumen, nach Australien auszuwandern und dort eine Frau zu finden. Wir unterhielten uns über unsere Kulturen, verglichen und kamen aus dem gegenseitigen (be)staunen nicht mehr heraus. Wie anders Alltag, Bräuche und Gedankengut sein können! Es wurde jedoch auch deutlich, dass es im Iran große Kluften zwischen Jung und Alt gibt. Über vieles kann er mit den Eltern nicht sprechen, verheimlicht das eigentliche Leben, das er führt. Sein Aufenthalt in Deutschland für ein Sportwettkampf: für die Eltern eine Fahrt, die die Augen verdirbt! Die Fin Gardens sind unsere erste Station am nächsten Tag. Der Bus spuckt uns vor einer hohen Mauer am Berghang aus, wir schreiten durch ein kleines Tor – und landen in einem wunderschönen Garten mit kleinen Pavillons! Kreuz und quer und auf verschiedenen Ebenen sprudelt das Wasser der Fin Quelle – ein Paradies inmitten der Hitze und Trockenheit! Passend zum Thema Wasser entleert sich unser guter drei Liter Wasserbeutel in Nadine’s Rucksack. Wir verbringen nun doch mehr Zeit im Fin Garden als geplant und trocknen alle Kleinteile in der Sonne, was von einigen Iranern als Basar verkannt wird… Danach geht’s weiter nach Esfahan!